Meine Meinung vorweg
Meine Meinung nach all den Jahren mit Scharon und seinen Siedlungsbauten, nach all den Jahren, in denen der Staat Israel und die USA die UNO-Resolutionen ignorieren und tun was sie wollen, nach all den Jahrzehnten der Vertreibung, Missachtung, Misshandlung und Unterdrückung der Palestiner, nach dem jetzigen Überfall auf den Libanon, der Tötung von Zivilisten und Kindern, nach der Zerstörung der Infrastruktur des Landes und der Vertreibung der Bevölkerung des Südlibanons - das sind Kriegsverbrechen - muss jetzt einmal gesagt werden: Genug ist genug.
Es war ein Fehler, den Juden einen souveränen Staat zu geben. Nach dem Holokaust scheinen sie der Meinung zu sein, dass der Stärkere seine Macht rücksichtslos ausspielen muss. Und denjenigen beschimpft man dann als Terroristen, dem außer Terrorismus keine Möglichkeit mehr bleibt, sich zu wehren oder auch nur auf sich aufmerksam zu machen. Der Terrorismus des Staates ist ganz legal. Die ganze Welt leidet inzwischen unter dem Terrorismus, der seine wichtigste Wurzel in dem verbrecherischen Verhalten Israels und der USA hat. Und es ist ein Fehler, weiterhin von der Freundschaft mit den USA zu reden, solange sie ihre Politik nicht ändern. Ihren Schutz vor der Sowjetunion brauchen wir nicht mehr. Wir brauchen Schutz vor Osama Bin Laden und da schadet und die Freundschaft mit Amerika höchstens.
Im Übrigen sollte man auch die Kontaktangebote von Bin Laden nicht rundweg ausschlagen. Auch er ist ein Mensch. Sicher gibt es Menschen, die so abartig und fehlveranlagt sind, dass man mit ihnen nicht kommunizieren kann oder sollte. Aber so viele Geistesgestörte ,wie Al-Qaida- und Taliban-Mitglieder oder Sympathisanten gibt es sicher nicht. Diese Menschen mögen fehlgeleitet sein, aber es sind Menschen und es ist wahrscheinlich, dass man auch mit ihnen, wenn man wirklich guten und ehrlichen Willens ist, in einen Gedankenaustausch kommen kann. Aber wenn man wie Israel mit allen Mitteln wie vor 3000 Jahren die Einwohner Palästinas eliminieren will und wie die USA mit allen Mitteln auf der ganzen Welt Öl absaugen, Waffen verkaufen und Kriege führen will, ist das natürlich nicht möglich. Wer wirklich Frieden will, andere Kulturen akzeptieren will, anderen Völkern Demokratie und die Menschenrechte bringen will, der findet andere Worte gegenüber Syrien zum Beispiel oder den Iran. Und der erkauft nicht mit Dollars die Unterstützung des undemokratischen Präsidenten Pakistans entgegen dem Willen dessen Volkes.
Ich habe viel Sympathie für den folgenden Artikel von Jostein Gaarder aber auch für die Meinung und den Lösungsvorschlag von John Rose (siehe oben).
Gottes auserwähltes
Volk
von Jostein Gaarder in „Aftenposten“
am 5.8.2006
(Der Norweger J. Gaarder ist bekannt geworden als Autor des philosophischen Romans "Sofies Welt".)
Aus dem Englischen übersetzt nach einer Übersetzung aus dem Norwegischen des Simon-Wiesenthal-Zentrums (siehe http://norskisraelsenter.no/engl/antis/2006-08-08-swc-gaarder.php#garder-artic)
Israel ist jetzt Geschichte. Wir erkennen den Staat Israel nicht mehr an. Unwiderruflich. Der Staat Israel hat die Anerkennung durch die Welt vergewaltigt und wird keinen Frieden erreichen bis er seine Waffen niederlegt. Der Staat Israel, in seiner derzeitigen Form, ist Geschichte, schreibt Gaarder. [Offenbar ist dies bis hierher noch Kommentar des Aftenposten.]
Es gibt keine Umkehr. Es ist an der Zeit, eine neue Lektion zu lernen: Wir erkennen den Staat Israel nicht länger an. Wir konnten das südafrikanische Apartheid-Regime nicht anerkennen, und ebenso wenig das afghanische Taliban-Regime. Und es gab viele, die Saddam Husseins Irak oder die ethnischen Säuberungen der Serben nicht anerkannten. Wir müssen uns nun an den Gedanken gewöhnen: der Staat Israel in seiner jetzigen Form ist Geschichte.
Wir glauben nicht an die Idee eines von Gott auserwählten Volkes. Wir lachen über die Hirngespinste dieses Volkes und weinen über seine Untaten. Als Gottes auserwähltes Volk zu handeln ist nicht nur dumm und arrogant, sondern ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Wir nennen es Rassismus.
Grenzen der Toleranz
Es gibt Grenzen unserer Geduld, und es gibt Grenzen unserer Toleranz. Wir glauben nicht an himmlische Versprechen als Rechtfertigungen für Besatzung und Apartheid. Wir haben das Mittelalter hinter uns gelassen. Wir lachen unbehaglich über jene, die noch immer glauben, dass der Gott der Flora, Fauna und Galaxien ein einzelnes Volk vor den anderen als sein Liebstes auserwählt und ihm lustige Steintafeln, brennende Büsche und eine Lizenz zum Töten überreicht hat.
Wir nennen Kindermörder ‘Kindermörder’ und werden niemals akzeptieren, dass diese ein gottgegebenes oder historisches Mandat besitzen sollen, das ihre Schandtaten rechtfertigt. Wir sagen nur dieses: Schande über alle Apartheid, Schande über Ethnische Säuberungen, Schande über jeden Terroranschlag auf Zivilisten, ob er nun von Hamas, Hisbollah oder dem Staat Israel verübt wird!
Skrupellose Kriegführung
Wir anerkennen Europas tiefe Verantwortung für das Leid der Juden und nehmen sie auf uns, für die schändliche Verfolgung, die Pogrome, und den Holocaust. Es war eine historische und moralische Notwendigkeit für die Juden, ihre eigene Heimat zu erhalten. Der Staat Israel hat jedoch, mit seiner skrupellosen Kriegführung und seinen abscheulichen Waffen, seine eigene Legitimität massakriert. Er hat internationales Recht, internationale Konventionen und unzählige UN-Resolutionen zum Gespött gemacht, und kann nicht länger Schutz von diesen erwarten. Er hat die Anerkennung der Welt mit einem Bombenteppich belegt. Aber fürchtet Euch nicht! Die Zeit der Not wird bald vorüber sein. Der Staat Israel hat sein Soweto gesehen. Wir sind nun am Scheideweg. Es gibt keine Umkehr. Der Staat Israel hat die Anerkennung der Welt vergewaltigt und wird keinen Frieden haben, bis er seine Waffen nicht niederlegt.
Ohne Verteidigung, ohne Haut
Mögen Geist und Wort die Apartheid-Wände Israels hinwegfegen. Der Staat Israel existiert nicht. Er ist nun ohne Verteidigung, ohne Haut. Möge die Welt deshalb Erbarmen mit der Zivilbevölkerung haben. Denn es ist nicht die Zivilbevölkerung, der unsere Untergangsprophezeihung gilt. Wir wünschen dem Volk von Israel Gutes, nichts als Gutes, aber wir behalten uns das Recht vor, keine Jaffa-Orangen zu essen, so lang sie faulig schmecken und giftig sind. Es war erträglich, einige Jahre ohne die blauen Trauben der Apartheid zu leben.
Sie feiern ihre Triumphe
Wir glauben nicht, dass Israel vierzig getötete libanesische Kinder mehr beklagt als vierzig Jahre in der Wüste, vor dreitausend Jahren. Wir bemerken, dass viele Israelis solche Triumphe so feiern wie sie einst die Plagen des Herrn als „angemessene Strafe“ für das Volk Ägyptens bejubelten. (In dieser Geschichte erscheint der Herr, Gott von Israel, als unersättlicher Sadist.) Wir fragen, ob die meisten Israelis glauben, dass ein israelisches Leben mehr wert ist als vierzig palästinensische oder libanesische Leben.
Denn wir haben Bilder gesehen, auf denen kleine israelische Mädchen hasserfüllte Grüße auf jene Bomben schreiben, die auf die Zivilbevölkerung von Libanon und Palästina abgeworfen werden. Kleine israelische Mädchen sind nicht niedlich, wenn sie vor Freude strahlen über Tod und Qual hinter den Fronten.
Vergeltung von Blutrache
Wir anerkennen nicht die Rhetorik des Staates Israel. Wir anerkennen nicht die Spirale der Vergeltung der Blutrache von „Auge um Auge, Zahn um Zahn.“ Wir anerkennen nicht das Prinzip von einem oder tausend arabischen Augen für ein israelisches Auge. Wir anerkennen keine Kollektivbestrafung oder Bevölkerungsschlankheitskuren als politische Waffen. Zweitausend Jahre sind vergangen, seit ein jüdischer Rabbi die altertümliche Doktrin des „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ kritisiert hat. Er sagte: „Tu an anderen, wie du wolltest, dass sie an dir tun.“ Wir anerkennen einen Staat nicht, der auf antihumanistischen Prinzipien gegründet ist, und auf den Ruinen einer archaischen nationalistischen Kriegsreligion. Oder wie Albert Schweitzer es ausdrückte: „Humanität besteht darin, dass niemals ein Mensch einem Zweck geopfert wird.“
Mitgefühl und Vergebung
Wir anerkennen nicht das alte Königreich Davids als ein Modell für die Karte des Mittleren Ostens im 21. Jahrhundert. Der jüdische Rabbi erklärte vor zweitausend Jahren, dass das Königreich Gottes keine kriegerische Wiederherstellung des Königreichs Davids ist, sondern dass das Königreich Gottes in und um uns ist. Das Königreich Gottes ist Mitgefühl und Vergebung.
Zweitausend Jahre sind vergangen, seit der jüdische Rabbi die alte Rhetorik des Krieges entwaffnet und humanisiert hat. Schon zu seiner Zeit waren die ersten zionistischen Terroristen am Werk.
Israel hört nicht zu
Zweitausend Jahre lang haben wir die Lektion des Humanismus einstudiert, aber Israel hört nicht zu. Es war nicht der Pharisäer, der dem Mann half, der, den Räubern zum Opfer gefallen, am Wegesrand lag. Es war der Samariter; heute würden wir sagen, ein Palästinenser. Denn zuallererst sind wir Menschen – dann erst Christen, Moslems, oder Juden. Oder, wie der jüdische Rabbi sagte: „Und wenn du nur deine Brüder grüßt, was tust du mehr als andere?“ Wir akzeptieren nicht die Entführung von Soldaten. Aber ebenso akzeptieren wir nicht die Deportation ganzer Bevölkerungen oder Entführung legal gewählter Parlamentarier und Minister.
Wir anerkennen den Staat Israel von 1948, aber nicht den von 1967. Es ist der Staat Israel, der den dem internationalem Recht entsprechenden Staat Israel von 1948 nicht anerkennt, respektiert und sich auf ihn bezieht. Israel will mehr; mehr Wasser und mehr Dörfer. Um das zu erreichen gibt es jene, die, mit Gottes Hilfe, eine Endlösung des palästinensischen Problems wollen. Die Palästinenser haben so viele andere Länder, haben bestimmte israelische Politiker argumentiert; wir haben nur eines.
Die USA oder die Welt?
Oder wie der oberste Beschützer des Staates Israel sagt: „May God continue to bless America.“ Ein kleines Kind bemerkte das. Sie drehte sich zu ihrer Mutter um und sagte: „Warum hört der Präsident seine Reden immer mit ‘God bless America’ auf? Warum sagt er nicht ‘God bless the world’?“
Dann gab es einen norwegischen Poeten, der diesen kindlichen Seufzer aus seinem Herzen entließ: „Warum nur schreitet die Menschlichkeit so langsam voran?“ Es war er, der so wundervoll über den Juden und die Jüdin schrieb. Aber er lehnte die Idee von Gottes auserwähltem Volk ab. Er selbst zog es vor, sich einen Mohammedaner zu nennen.
Gelassenheit und Gnade
Wir anerkennen nicht den Staat Israel. Nicht heute, nicht im Moment, da wir dieses schreiben, nicht in der Stunde von Trauer und Zorn. Wenn die gesamte israelische Nation ihrem eigenen Handeln erliegen sollte und Teile der Bevölkerung aus den besetzten Gebieten in eine neue Diaspora fliehen müssen, dann sagen wir: Mögen die Umgebenden gelassen bleiben und ihnen Gnade erweisen. Es ist ein ewiges Verbrechen ohne mildernde Umstände, die Hand an Flüchtlinge und staatenlose Völker zu legen. Frieden und freies Geleit für die ausziehende Zivilbevölkerung, die nicht länger von einem Staat geschützt wird. Feuert nicht auf die Flüchtlinge! Zielt nicht auf sie! Sie sind verwundbar wir Schnecken ohne Haus, verwundbar wie langsame Karavanen palästinensischer und libanesischer Flüchtlinge, schutzlos wie Frauen und Kinder und Alte in Kana, Gaza, Sabra und Shatilla. Gebt den israelischen Flüchtlingen Obdach, gebt ihnen Milch und Honig!
Lasst nicht ein israelisches Kind mit seinem Leben büßen. Viel zu viele Kinder und Zivilisten wurden schon ermordet.
Man lese auch den wütenden und aus meiner Sicht völlig lächerlichen Kommentar des Simon-Wiesental-Zentrums in Paris (unter der oben angegebenen Webadresse.) - Sollte ich künftig einmal Orangen kaufen, so werde ich doch darauf achten, dass sie nicht aus Israel kommen.
Hans Haußmann am 12.8.2006